Schweren Herzens trennte ich mich von dem treuesten, was mir auf 2 Rädern jemals zwischen die Beine gekommen ist:
Meiner alten, aus den späten 70ern stammende Yamaha SR 500, die mir ca. 14 Jahre Mobilität geschenkt hat.
Reparaturen waren ein Fremdwort. Mit einem Spritverbrauch bis hinunter zu 3,3l/100km und einem Ölverbrauch, der bei meiner
Fahrweise stets unter 0,5l/1000km lag, trauere ich einem Motorrad hinterher, das mir sehr viel Freude bereitet hat und als
technisches Produkt nicht nur in Punkto Zuverlässigkeit seines Gleichen sucht.
Meine mit 2 mal 500ccm durchaus würdige SR500-Nachfolgerin, eine BMW 100R/7, muß in den nächsten 10 Jahren erst noch beweisen, daß sie ihrer japanischen Vorgängerin das "Wasser reichen" kann.
Als ich die Maschine zum Verkauf ausschrieb, war das Motorrad abgemeldet, stand seit längerer Zeit im Freien und
war dementsprechend in einem schlechten Zustand.
Die SR wieder auf die Straße zu bringen ist für jemanden, der sich auf einfache Schrauber-Arbeiten versteht, kein echtes
Problem. Sie ist in den letzten 20 Jahren zweimal im Stand umgefallen (eigene Dummheit), was einen angekratzten
Kupplungshebel sowie kleine Schrammen am linken vorderen Blinker zur Folge hatte, die Vorderbremse ist durch das
lange Stehen beinahe festgegangen. Da die Optik gammelig ist und das Bike nur Gußfelgen hat, wird mit vertretbarem Aufwand
sicherlich kein schönes Motorrad daraus werden. Aber es spricht nichts dagegen, daß das Motorrad mit optischen Abstrichen
wieder seine Dienste in der bekannten Zuverlässigkeit verrichtet wie früher.
Zum Motorrad dazu gibt es eine ganze Menge Ersatzteile.
Komplette Motoren, Vergaser, Hinteräder + diverse Kleinteile sind doppelt vorhanden.
Ein Wie-helfe-ich-mir-selbst-Technikhandbuch habe ich noch irgendwo, zu Schrauben gab's in all den Jahren ja eh' nicht
viel.
Eingebaut ist ein Motor mit knapp 50.000km Laufleistung, dessen Getriebe laut eines Freundes "besonders schön" schaltet.
Der Motor stammt aus einer anderen SR 500 eines Bekannten, der seine Maschine nach meiner Meinung zu sehr gequält hat,
deswegen sehe ich diesen Motor als Austauschmotor für Notfälle an.
Der originale Motor meiner SR 500 ist ausgebaut, weil ich wegen einer mechanischen Störung einen Fachmann ins Innere
blicken lassen wollte. Von der Kickstarter-Mechanik hatte sich ein Bruchstück gelöst und die Störung ausgelöst. Beim
nächsten Ölwechseln habe ich das Stück in der Ölwanne gefunden.
Die Laufflächen, Kolben etc. haben nichts abbekommen und wurden für astrein befunden.
So wartet dieser Motor darauf, wieder eingebaut zu werden.
Der geringe Sprit- sowie Ölverbrauch und das einwandfreie schaltende Getriebe ließen für mich nie Zweifel an diesem Motor
aufkommen. Der Motor hat ca. 100.000km hinter sich, Kolben, Kolbenringe etc. sind original ! Anläßlich eines
Nockenwellenschadens (ca. 1982) wurde diese samt Ventile erneuert, ich selbst habe sie erst danach gekauft und eine
zusätzliche Ölsteigleitung, die den Bereich des Auslaßventiles besser kühlt und schmiert, sowie
Kugelkopf-Ventil-Einstellschrauben eingebaut. Seitdem war nie wieder was, selbst das häufige Einstellen des Ventilspieles
war Geschichte.
Das Bike hat den großen Scheinwerfer und einen breiten Lenker.
Blinker, Rücklicht und -spiegel wurden um 1980 gegen Kawasakiteile ausgetauscht, der Vorbesitzer meinte, es würde auch
wegen der Gußfelgen besser passen. Von ihm stammt auch die zweite Bremsscheibe, die aufmerksame Betrachter irritieren
dürfte. Der Vorbesitzer wollte sich wegen der unschönen Gußfelgen der klassischeren Optik der Front-baugleichen
Yamaha XS 650 annähern und deswegen eine zweite Vorderrad-Bremse einbauen. Aufgrund des schwächeren SR500-Lenkkopfes hat
der TÜV einen Strich durch diese Pläne gemacht und so ist er über den Einbau der zweiten Scheibe nicht hinausgekommen.
Ein äußerst dienstbeflissener Polizist wollte das Motorrad deswegen stillegen (Erlöschen der Betriebs-Erlaubnis wegen
"technischer Veränderungen an der Bremsanlage") und ich sah mich veranlaßt, beim TÜV allen Ernstes eine Erlaubnis zum
"Spazierenfahren" von Bremsscheiben einzuholen (das Dokument existiert noch).
Ich selbst habe ein größeres Ritzel eingebaut, womit die Übersetzung verlängert wird.
Das erhöht theoretisch die Höchstgeschwindigkeit, was mich nie interessiert hat. Das Motorrad läßt sich dadurch
schaltfauler fahren und die (relativ) guten Drehmomenteigenschaften des Motors (Grundkonzeption stammt aus den 30ern!)
sorgen dafür, daß sich das Bike "erwachsener" anfühlt. Die Drehzahlen bei Reisetempo sind niedriger, Lebensdauer und
Verbrauch haben es mir gedankt. Das Motorrad ist mit 27PS eingetragen, sie sollte mangels des Reduzierstückes (vorhanden)
im Einlasskanal an die 30PS haben. Die nicht originalen Koni-Stoßdämpfer (ca. 5.000km) lösten später die ständig zu weichen
Original-Dämpfer ab und so wurde die betagte Dame auf kurvigen Landstraßen zum unerwarteten Gegner für viele größere
Bikes.
Ein Wort zum Thema Reifen & SR 500:
Lange fuhr ich einen Standardreifen von Metzeler. Der war in allen Lebenslagen gutmütig, wurde aber in seiner
Laufleistung durch eine abgefahrene Mittelrille frühzeitig begrenzt (immerhin habe ich bei meiner Fahrweise damit so an
die 8.000 km geschafft). In bitterärmsten Studentenzeiten habe ich die abgefahrene Mittelrille des Metzeler-Reifens
per Flex nachschneiden lassen und so nochmal 1000 - 2000 km rausgeschunden.
Ärgerlich war obendrein das unrunde Abfahren des Reifens: gegen Ende seiner Lebenszeit bildete sich der weiche Übergang
des flachen Mittelbereiches zur gewölbten Aussenseite zurück und das Motorrad mußte immer mehr in die Kurve
"hinein gewuchtet" werden. Nachdem jeweils ein neuer Metzeler aufgezogen wurde, bin ich in den jeweils ersten Kurven
schier runtergefallen, so stark war der Unterschied zwischen den abgefahrenen und den neuen Reifen.
Und dann erzählte mir irgendjemand eines Tages was vom AVON Roadrunner AM21:
Der Reifen war damals noch sehr günstig und übertraf den Metzeler in der Breite bei identischen Maßen (4.00 * 18) um ca.
einen ganzen Zentimeter, was die Bleistift-schmale Optik des an sich guten Metzeler-Reifens an der SR 500 deutlich
verbesserte.
Angegeben wird der Roadrunner 21 in der Dimension 4.00 * 18 mit 122 mm Gesamtbreite, 673 mm Außendurchmesser und
7,2 mm Profiltiefe.
Eine Mittelrille fehlt, somit ist der Reifen für Regenrennen nicht geeignet, aber dafür tat er sich bei der SR 500 immer
mit einer enormen Laufleistung bis hin zu 15.000 km hervor. Und das Beste: bis zum letzten Stück Gummi weit jenseits
polizeilicher Gnade fuhr sich der Avon rund ab, so daß die Form des Reifens sich gegenüber eines neuen kaum verändert
hatte. Auf trockener Straße hat er mich auch in gewagteren Situationen nie im Stich gelassen.
Den Hersteller
Avon
gibt es noch, die Reifen-Ausführung Roadrunner AM 21 soll angeblich eingestellt worden sein.
Manche Reifen-Händler sollen unter dem Druck vieler Nachfragen versucht haben, den Hersteller zur Wiederauflage des
Reifentyps zu bewegen. Der damalige Händler meines Vertrauens wusste von alledem nichts und hat auf meinen Wunsch hin einfach 2 bestellt, allerdings zu einem heftigen Preis.
Jetzt warten die guten Stücke darauf, an meiner BMW R100/7 zu zeigen, was sie unter der "Regie des Boxers" drauf haben.
Die Yamaha SR 500 selbst hat "es geschafft" und ist nach langer Zeit in gute Hände gekommen (alles gute Andreas, lass' Dich nicht unterkriegen).